Johann Heinrich Zang zum Gedächtnis
18.08.2022
Vor 211 Jahren verstarb heute, am 18. August 1811, unser Mainstockheimer Künstlertalent Johann Heinrich Zang im stattlichen Alter von 78 Jahren im Würzburger Juliusspital.

Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Müh und Arbeit gewesen. So heißt es im Psalm 90, Vers 10. Der vergängliche Mensch steht im Kontext des 90. Psalmes und lässt das barocke Memento Mori, die Schau aufs Sterben, in den Blick geraten. Es ist der im Barock allgegenwärtige Appell, sein Leben ausgefüllt zu nutzen.
Es könnte das Lebensmotto Johann Heinrich Zangs gewesen sein: Er wurde fast 80 Jahre alt, wurde zu Ende des Barocks geboren und nutzte seine Lebenszeit erfüllt.

1733 wurde er in Zella-Mehlis (Landkreis Meiningen) geboren und ging 15-jährig nach Leipzig, um sich bei Johann Sebastian Bach musikalisch auszubilden. Nach einer Stelle als Kanzlist im Kloster Banz bei Coburg sowie als Organist in Hinterstein bei Coburg sowie als Kantor in Walsdorf bei Bamberg kam er 1752 zu uns als evangelischer Kantor nach Mainstockheim. Hier blieb er bis auf seine letzten Jahre im Würzburger Altenheim.
Zang heiratete dreimal, und auch seine dritte Frau starb 1800 noch vor ihm. Mit 67 Jahren ging Zang 1801 in den Ruhestand. Von seinen sieben Kindern überlebte nur der als Arzt in Obereisenheim wirkende Dr. Paul Zang.

Zang wirkte als Organist, Chorleiter und Lehrer und war somit bei der Kirche wie beim weltlichen Gemeinderat angestellt. Als Kantor leitete er über 100 selbst verfasste geistliche Kantaten, von denen nur sieben erhalten blieben. Klavierkompositionen sind leider auch verschollen. Immerhin tauchte vor Kurzem ein Klavierbuch auf, das Zang wohl als Unterrichtsmaterial verwendete.

Als Zang 1752 seine Kantorenstelle an unserer Jakobskirche antrat, fand er dort einen 1729 eingeweihten Orgelneubau des Schweinfurter Orgelbauers Johann Rudolf Voit vor. 1743 (zufällig auch am 18. August!) wurde die Orgel von der Orgelbaufamilie Voit repariert und 1750 zusätzlich mit einem Zimbelstern versehen. Diese einmanualige Denkmalorgel mit Zimbelstern, kurzer Oktave im Pedal, mit Gesichtern bemalte Orgelpfeifen und dem reichverzierten Prospekt ist in unserer Jakobskirche erhalten.
Zang freundete sich mit dem Sohn Johann Rudolf Voits, Johann Michael Voit an, der 1768 die Orgelbaufirma von seinem Vater übernahm. 1804 veröffentlichte Zang mit dem Vollkommener Orgelmacher ein Buch über den Orgelbau, das 1829 noch einmal aufgelegt wurde.

Neben seinem musikalischen Wirken an der Kirche verfasste Zang 1762 ein Kalligrafie-Lehrbuch, das er selbst als Buch in Kupfer stach. Seine Schönschrift nutzte er auch 1786 für eine Urkunde, die in den Turmknopf der Jakobskirche eingesetzt wurde.

In vier Abschnitten beschreibt er in seiner Büttnerlehre von 1790 die Kunst, Weinfässer zu erstellen, den Wein im Keller auszubauen, Essig und Branntweine wie Liköre zu erstellen. Schon zu Lebzeiten erfuhr dieses Buch eine Neuauflage und wurde insgesamt fünf Mal aufgelegt.

Nach 1793 erstellte er Musivgemälde, von denen zwei im Mainfränkischen Museum in Würzburg zu sehen sind. Bei Musivgemälden werden gemalte Teile plastisch mit Naturmaterialien wie Baumrinde, Blättern, Zweigen oder Moosen beklebt.


Johann Heinrich Zang war nicht nur hochbegabter Musiker, sondern ein außergewöhnlich vielschichtig begabter Künstler, der den Namen Mainstockheims weit in die Öffentlichkeit trug. Er liegt im alten Friedhof begraben.

Literaturhinweise:
- www.jhzang.de: Homepage der inzwischen aufgelösten Zanggesellschaft, in der Material zum Leben und den Wirken abrufbar ist. Eine umfassende Quelle. Die Übertragungen aller musikalischen sowie schriftlichen Werke abrufbar.
- Hermann Fischer und Theodor Wohnhaas: Historische Orgeln in Unterfranken, Schnell / Steiner München, Zürich 1981, 91. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde, Mainstockheim: insbes. S. 190f.
- Hermann Fischer und Ernst Petersen, Die Orgelbauerfamilie Voit in Schweinfurt, Veröffentlichungen des Historischen Vereins Schweinfurt, Neue Folge Bd. 11, Schweinfurt 2020, Mainstockheim: Orgel S. 57ff. und Zang S. 196f.
Konzert aus dem wiederentdeckten Mainstockheimer Clavierbuch in Homburg
02.10.2021
Das Mainstockheimer Clavierbuch

Erstmalige Vorstellung eines bedeutenden Manuskrips mit Clavierwerken süd- und mitteldeutscher Komponisten um 1700 und literarischen Zeugnissen des 18. Jahrhunderts

Werke von Johann Pachelbel, Johann Krieger u.a.

gespielt von Michael Günther
auf einem originalen Cembalo des Jahres 1665

Ein bedeutendes, bisher unbekanntes Manuskript mit deutscher Claviermusik um 1700 gelangte kürzlich in die Sammlung in Schloss Homburg am Main.
Bisher hat seine Erforschung ergeben, dass es sich um Abschriften von neun attraktiven Kompositionen handelt, die bis auf zwei bisher unbekannt sind. Zwei Werke sind mit Johann Pachelbel (*1653; †1706), eines mit Johann Krieger (*1652; †1735) bezeichnet.

Das Sammelmanuskript trägt einen Besitzervermerk aus dem unterfränkischen Mainstockheim, der zeigt, dass es durch den Komponisten, Kantor und Schulmeister Johann Heinrich Zang (*1733; †1811) dorthin gelangte der im thüringischen Zella geborene Zang war in den Jahren 1748/49 bei keinem geringeren als Johann Sebastian Bach Privat-Schüler in Leipzig. Hier dürfte er die Werke im Unterricht studiert haben.

Die Clavierwerke führen in die Musikwelt Bachs und seiner Thüringer Verwandten, die Pachelbel in seiner Eisenacher und Erfurter Zeit begegnet waren und ihn als Organisten und Komponisten mit hoher Wertschätzung bedachten.
Im Jahr 1752 begann Zang seinen fast fünfzig Jahre währenden Dienst in dem wohlhabenden Weindorf Mainstockheim bei Kitzingen. Als Kantor und Schulmeister bereicherte er das Musikleben nicht nur durch die Komposition zahlreichen Kirchenkantaten. Das Buch wurde hier durch die Eintragungen von Gedichten, Opern- und Singspieltexten und anderen Aufzeichnungen bis etwa 1815 fortgeführt, die von einem reichen, aufgeschlossenen Leben zeugen, zu dem auch Aufführungen heiterer "Operetten" gehörten.
So ist das Buch sowohl für die Musikgeschichte wie auch für die Landesgeschichte eine bedeutende Quelle.

Neben den Clavierwerken wird das Vortragen einiger Gedichte und Briefentwürfe aus dem Büchlein einen authentischen Blick auf die Menschen jener Zeit in einem fränkischen Dorf ermöglichen, und ihr Leben und die Themen, die sie bewegten, widerspiegeln.

Wegen Corona ist eine vorherige Anmeldung unbedingt erforderlich (es gibt ein Kontingent für Mainstockheimer):
Schloss Homburg am Main
Konzert am Sonntag, 03.10.2021, 17:00 Uhr, Eintritt 15 €
Kartenreservierungen per e-mail: info@clavier-am-main.de oder telefonisch: 0 93 95 / 99 78 11
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Eine Seite aus dem Mainstockheimer Clavierbuch, Fotograf: Michael Günther

Musikpädagogin und Liszt-Biografin Lina Ramann
13.11.2015
Karolina Rosina Friederike, genannt Lina Ramann wurde am 24. Juni 1833 in Mainstockheim geboren. Sie genoss zuerst in Mainstockheim, dann bei der Ehefrau Franz Brendels in Leipzig ihre musikalische Ausbildung. 1856 wanderte sie nach Philadelphia in Amerika aus, um als selbstständige Musikpädagogik zu wirken.

Aus gesundheitlichen Gründen kehrte sie wieder zurück nach Deutschland und eröffnete zuerst in Glückstadt (Schleswig-Holstein) eine Musiklehranstalt und dann 1865 eine Musikschule in Nürnberg. Diese gründete und leitete sie zusammen mit ihrer Lebensgefährtin Ida Volkmann bis zu ihrer Pensionierung.
Eine erste musikpädagogische Schrift von Lina Ramann erschien 1868; 1882 folgte eine Klavierschule in drei Bänden.

Von 1880 bis 1894 entstand die erste, äußerst umfangreiche, vom Komponisten autorisierte Biografie über Franz Liszt. Weitere Liszt-Veröffentlichungen machten Lina Ramann berühmt. Sie starb am 30. März 1912 in Nymphenburg.




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Stich nach: Marie-Ille Beeg, Lina Ramann. Lebensbild einer bedeutenden Frau auf dem Gebiet der Musik, Nürnberg 1914

Heimatdichter Hanns Rupp
Hanns Rupp (* 7. Juli 1898 Kitzingen, gest. 1. August 1971 in Mainstockheim) wirkte neben seinem Beruf als Lehrer als Mundartdichter.
Schon in seiner Jugend zählte er zu Mainstockheim. Am 23. Oktober 1920 heiratete er eine Mainstockheimerin. Ihr einziger Sohn (* 1921) wanderte 1951 nach Kanada aus.
Der Schuldienst führte Hanns Rupp nach Kitzingen, Rödelsee, Albertshofen, Steinsheim bei Memmingen und nach Augsburg. Erst als Pensionär kehrt Hanns Rupp wieder nach Mainstockheim zurück.
Sein dichterisches Werk umfasst etwa 40 gedruckte Werke (wie Gedichte, Essays, Balladen oder Erzählungen).
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Ein Buchtitel von Hanns Rupp: Unter fränkischer Sonne

Bayerischer Arbeitsminister Walter Stain
Walter Stain (*27. Dezember 1916 in Prag; † 3. Februar 2001 in Mainstockheim) war ein deutscher Politiker.
Stain ließ sich nach 1947 in Mainstockheim als Holzkaufmann und Kohlenhändler nieder.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Vertreibung der Sudetendeutschen wurde er Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Witikobundes.
1954 wurde Walter Stain bayerischer Staatsminister für Arbeit und Soziales. In seine Zuständigkeit als Minister fiel der Bereich des Flüchtlingswesens, der vorher im Innenministerium ressortierte.
Von 1986 bis 1989 war Stain Bundesvorsitzender des Witikobundes.
Johann Heinrich Zang
Johann Heinrich Zang (*15. April 1733 in Zella St. Blasii, † 18. Aug. 1811 in Würzburg) war über 50 Jahre lang Kantor in Mainstockheim.
In dieser Zeit komponierte er zwei vollständige Jahrgänge Kirchenkantaten. Sieben dieser Kantaten sind noch erhalten und heute im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek, München.
Er veröffentlichte eine Kalligraphie, mehrere Handwerksbücher („Der vollkommene Orgelmacher” und „Der vollkommene Büttner oder Küfer”) und hinterließ einige Musivgemälde.
Zang war 1748/49 mit großer Wahrscheinlichkeit Schüler von J. S. Bach in Leipzig, anschließend lebte er in Coburg und war dort Schüler von J. K. Heller, später Kanzlist am Kloster Banz und Organist auf Schloss Hohenstein bei Coburg. 1751/52 wirkte er als Kantor in Walsdorf b. Bamberg, vom 7. Nov. 1752 an bis 1800 als Kantor und Lehrer in Mainstockheim.
Er betätigte sich auch als Schriftsteller, Schreibmeister und Kupferstecher.

Heute pflegt die Gemeinde Mainstockheim das Andenken an Johann Heinrich Zang. Aus antiquarischen Angeboten wurden Originale seiner Calligraphie (Würzburg 1762), des Orgelmacherbuches (2. Auflage, Nürnberg 1829) und der Büttnerlehre (2. Auflage, Schweinfurt 1794 und 5. Auflage, Frankfurt 1846) erworben.
Im Johann Heinrich Zang Haus (das alte Schulhaus, heute im Besitz der Gemeinde Mainstockheim) werden seine Werke durch Schautafeln gewürdigt.
Das Mesnerhaus, sein ehemaliges Wohnhaus, wurde am 15. April 2007 mit einer Gedenktafel (gestaltet von P. Brandner) ausgestattet, welche auf sein Wirken in Mainstockheim hinweist.
Ludwig Ruf (gest. 2009) war Initiator, Gründungsmitglied und langjähriger 1. Vorsitzender der Johann-Heinrich-Zang-Gesellschaft e.V. Diese Gesellschaft wurde zwar 2011 aufgelöst, doch auf die Homepage mit reichhaltigen Informationen zu Johann Heinrich Zang kann weiterhin zugegriffen werden. Sie wird weiterhin gepflegt.
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Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus von Johann Heinrich Zang. Foto: Heiner Tebbe