Otto Selzer: Geschichte von Mainstockheim
Der Ortsname mit seiner Nachsilbe "heim" gilt als Hinweis auf die Entstehungszeit um 800 n. Chr. Den Mittelpunkt bildete der Hof eines Ministerialen der Herren von Hohenlohe. Mit dem Vorstoß des Klosters Ebrach durch Grunderwerb in Mainstockheim erfolgte die erste urkundliche Erwähnung 1140 (siehe auch unten: Ebracher Urbarium von 1340).
Damals bestand der älteste Siedlungskern aus dem Gutshof und der Gumbertuskirche (mit erstem Kirchhof) am Rande der Hochwasserzone. Die Lage der Anwesen vor den Prallhängen im Westen begünstigte Rodung der Hänge und Anlage von Weinbergen. Lößboden förderte den Getreideanbau, und auch die Viehzucht erhielt Auftrieb. So verband sich bald unter tätiger Mithilfe des Klosters Ebrach der Weinbau mit dem Ackerbau und der Viehzucht.
Staatlich gehörte der Ort zum Herzogtum Ostfranken und darin wieder zum Bistum Würzburg. Kirchlich übte das Kloster Kitzingen das Patronat über die Kirche in Mainstockheim und deren Tochterkirche Buchbrunn (bis 1506) aus. Weltliche Rechte beanspruchten verschiedene Grundherrschaften.
1406 übernahm Würzburg sämtliche hohenlohischen Lehensrechte. Die hohe Gerichtsbarkeit ging im gleichen Jahr an den Zehnt in Kitzingen über.
Bis zum Ausgang des Mittelalters (um 1500) war ein zweiter Siedlungskern auf dem Schuttkegel des Güßbaches entstanden. Über die Anwesen ragte die Wehrkirche St. Jakob empor, die vor 1450 vollendet und 1482 mit St. Gumbrecht vereinigt worden war. Über dem Haupteingang lag die 1487 erstmals erwähnte Schule und um die Kirche herum die Ruhestätte der Toten und die Kirchenburg für kriegerische Notzeiten, wie z. B. 1461 während des Einfalls des Markgrafen Albrecht Achilles.
Bis 1483 wurde das ganerbschaftliche Dorf nach einer in Franken herkömmlichen genossenschaftlichen und gemeinschaftlichen Ordnung verwaltet. Die drei mächtigsten Dorf- und Grundherren Siegmund von Schwarzenberg, Johannes Abt von Ebrach und Thomas Fuchs von Dornheim zu Neidenfels vereinbarten 1483 das Abkommen, anstelle der dörflichen Gemeinschaft einen Rat aus 18 Männern, 12 aus den drei Oberdorfsherrschaften und 6 aus der Gemeinde und den sieben weniger begüterten Grundherrschaften einzusetzen. Der Rat hielt sich bei seiner Verwaltungstätigkeit an die bewährten Grundsätze des zuvor geltenden Weistums, das 1549 neu gefasst wurde. Daneben gab es noch ein aus 15 Gerichtsverwandten bestehendes Dorfgericht, das als Kauf-, Ehe- oder Vormundschaftsgericht nach Bedarf zusammentrat.
Mit der Einrichtung eines Ebracher Klosteramtes 1500 und 5 angegliederten Orten verdichtete sich der Verkehr mit den Nachbarorten merklich, wobei für die Überquerung des Maines nicht mehr die Furt, sondern die Fähre benützt wurde.
Mainstockheim war allmählich zu einem Häcker- und Bauerndorf geworden, das der sozialen Bewegung des Bauernkrieges 1525 nahe stand. Auch die Reformation hatte zu gleicher Zeit Eingang in den Ort gefunden und konnte 1529 als abgeschlossen gelten. Die Zusammenarbeit des Ortes mit Kitzingen als dem Sitz des Amtmannes und Dekanates wurde auf allen Gebieten enger. Die Zahl der Erwerbszweige wuchs, manches Handwerk war sogar mehrfach besetzt. Am Wirtschaftsleben hatten schon damals jüdische Händler einen nicht unerheblichen Anteil, besonders im Weinhandel, Vieh- und Textilhandel.
Die vielversprechende Aufwärtsentwicklung des Ortes wurde durch den Ausbruch des 30jährigen Krieges unterbrochen. Anfänglich blieb Mainstockheim von Kriegshandlungen verschont. Deshalb konnte in den Jahren 1621–1624 der Ebracher Hof unter Abt Dressel von Hollfeld von Grund auf neu erbaut werden. Das Jahr 1634 bedeutete den absoluten Tiefpunkt. In Mainstockheim erlagen 196 Menschen den Plackereien und der Pest. 1640 war die Einwohnerzahl auf 50 Männer gesunken.
In den Jahren des Wiederaufbaues [nach dem Kriegsende 1648] blieb das Gesamtbild des Dorfes als Bauern- und Häckerdorf mit zahlreichen Weinhändlern und Gewerbetreibenden erhalten. Nun wurde eine starke merkantilistische Einstellung zum Wirtschaftsleben spürbar. Nun wuchsen auch die beiden Siedlungskerne zusammen zu einem langen Straßendorf (über 1 km). Der Weinhandel blühte und brachte Geld ins Dorf. Der erreichte Status erlaubte auch den Umbau der Jakobskirche samt Turm (1717–1721).
1792 kam Mainstockheim ganz unter preußische Verwaltung. Der Übergang an Bayern brachte 1803 neben der Säkularisation des Ebracher Hofes eine fast ununterbrochene Kette von Kriegsleistungen. Mainstockheim blieb beim Landgericht Dettelbach und trat erst 1872 zum Bezirksamt Kitzingen. Die verstärkte Hinwendung zur Geldwirtschaft und die fortschreitende Industrialisierung ließen die Lebenshaltungskosten bei niedrigen Arbeitsentgelten steigen. Hochwasser und Missernten im Weinbau trugen ihr Teil zu der um sich greifenden Not und Teuerung bei. Manche Mainstockheimer zogen in größere Städte oder wanderten gar nach Amerika aus.
1861 entstand im Ort eine Postexpedition, der 1872 ein Telegraphendienst folgte. Als die 1862 auf hiesiger Markung begonnene Streckenführung der Bahnlinie Nürnberg – Würzburg endlich vollendet war, hatte Mainstockheim wieder einen Strukturwandel durchgemacht. 1909 erbaute eine kleine Privatgesellschaft ein Elektrizitätswerk für die Gemeinde (1965 Übergang von Ortsnetz und Stromlieferung an das FÜW Nürnberg) und 1913 wurde der Bau einer Wasserleitung vollendet.
Die zunehmende Zahl von Industriearbeitern innerhalb der Einwohnerzahl machte bis 1945 den Ort zu einem Arbeiter- und Bauerndorf. Hinzu kam nach dem 2. Weltkrieg 1945 der Zustrom und die Einbürgerung von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen.
Die Einwohnerzahl stieg: 1933: 1130, 1980: 1632. Die Flurbereinigung von 1962-1970 schuf ein ganz neues Bild der Markung. Die steigende Einwohnerzahl benötigte Erschließung neuer Baugebiete, wie z. B. am Haselberg.
Bild

Gekürzter Abdruck nach: Dorfbuch Mainstockheim, Band 1, Geschichte, Heimat- und Volkskunde eines mainfränkischen Dorfes, hrsg. von der Gemeinde Mainstockheim, Redaktion: Ludwig Ruf

Persönlichkeiten

Berühmte Mainstockheimer: Johann Heinrich Zang (Musiker), Walter Stain (Bayerischer Arbeitsminister), Hanns Rupp (Heimatdichter) und Lina Ramann (Musikerin)

Jüdische Gemeinde

Einblicke in die jüdische Vergangenheit in Mainstockheim. Im Bild: Stolpersteine für die Familie Rindsberg, verlegt im November 2011 vor ihrem ehemaligen Haus Am Mühlweg 9. Weitere Stolpersteine für verstorbene Mitglieder der Familie Schornstein, Hauptstraße 25, wurden 2015 verlegt.

Ahnenbuch

Die Familien der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Mainstockheim (1563-1900) in drei Bänden.

Weinbergslagen vor 1971

Bis 1971 gab es sehr viele kleinere Weinbergslagen. Hier finden Sie eine anschauliche Übersicht.

Das Ebracher Urbarium von 1340
Eine der ältesten geschriebenen Quellen über Mainstockheim ist das Ebracher Urbarium von 1340. In lateinischer Sprache sind dort die Besitzverhältnisse des Zisterzienser-Klosters Ebrach aus dem Jahr 1340 festgeschrieben, das mit dem jetzigen "Schloss Ebracher Hof" in Mainstockheim einen Klosterhof als Kurie im Außenamt besaß.
Das Zisterzienserkloster Ebrach war im Mittelalter und früher Neuzeit eines der größten Wirtschaftsunternehmen Frankens. Nachdem die Ebracher 1136 in Mainstockheim den ersten Weinbauhof errichteten, erwarben sie bereits 1140 das Dorf Mainstockheim, wurden also Dorfherren. Als Verfasser des Urbars gilt der Mönch Peter von Kottenheim.
Ab S. 69ff. wird von den Mainstockheimer Besitz- und Lehnsrechten (z. B. 82 Morgen verpachtete Weinberge) berichtet. An den Klosterhof mussten von den Landpächtern Geld- und Sachwerte (wie Hühner, Gänse, Wachs, Hafer oder Weizen) abgegeben werden.
Die folgenden Ausführungen sind ein Abstrakt der Teile, die Mainstockheimer Gemarkung betreffen (nach der deutschen Übersetzung von Franz X. Wegele von 1863), die Willy Brussig 1993 zusammentrug.
NB: Das Schriftbild ist schlecht lesbar, da das Original gescant werden musste.